Wo bleibt das Geheimnis?

Reminder:

Facebook als Werbetool für Musiker*innen ohne Label und eigenem Promotionbüro, war, ist und bleibt eine Zumutung. Jedes soziale und politische Engagement muss mehr oder weniger gewollt auch zur Promotion des eigenen Konzertes, einer neuen Release, oder für die sogenannte Crowdfunding-Kampagne herhalten. Hinterher nutzt man die öffentlich gepostete Dokumentation des mehr oder weniger mageren Erfolges, als Lockmittel für einen ausbleibenden Emoji-Sturm der erschütterten Fans, die aus 100 Gründen auch nicht kommen, kaufen, spenden konnten. Das nächste Scheitern wird offenbart, dann folgt das Trotzdem und „ich kann nicht anders“. In regelmäßigen Abständen postet jemand seine Belege über 0,0001 Euro, die durch Streaming, Gema, GVL eingenommen wurden, ohne dass irgendwer nachvollziehen kann, wie das so und nicht anders zustande kommt. Oder jemand stellt eine Rechnung auf, die belegt, dass 5 Doordeals mit durchschnittlich zahlenden 35,5 Zuhörer*innen plus 2 Konzerte mit einer erbärmlichen Festgage verteilt auf drei Monate, besser nicht gespielt werden, weil die Gesamteinnahmen die Kosten nicht decken. Dann werden die Kosten aufgelistet. Dann die Stunden, die man als Musiker*in keine Musik macht, weil man auch noch Buchhalter*in- und Steuererklärer*in ist. Bebildert wird das alles mit einer bunten Mischung Fotos. Man schaut versonnen, ernst, zieht eine Schnute, umklammert eine Gitarre oder lacht heftig gen Himmel/schmollt zuckersüß runter in eine der beiden Bilderecken. Und dann ballt man wieder Fäuste und postet den neusten Banner mit Konzertterminen überall, außer in Hamburg, Köln, Frankfurt und München, weil der Veranstalter (gendern nicht nötig) da noch nicht mal die Übernachtungskosten übernimmt. Dann legt ein Virus fast die ganze Welt lahm und man postet zusätzlich seine nicht vorhandenen Betriebskosten. Man erinnert die Leser*innen sicherheitshalber auch noch daran, dass man sich und seine Welt ja zusätzlich auch mal putzen muss, nebst Garderobe, was essen, wieder ausscheiden, ja, auch das kostet Geld, ein Buch lesen, eine Galerie besuchen, Haareschneiden und zur Zahnpflege. All die vielen Infos, die in etlichen Variationen auf noch mehr Menschen auf jeweils eine ganz eigene Weise zutreffen, verschluckt die große, weite Welt des Internets und spuckt sie irgendwann irgendwo wieder aus. Doch es hilft nichts. Was diese hochpersönlichen Offenbarungseide in den vollgestopften Sozialen Netzwerken definitiv bewirken, ist der Verlust des eventuell vorhandenen Interesses, der Faszination des geneigten Publikums, für die schwer zu beschreibende Ausstrahlung, das kleine Geheimnis. Es verschwindet die Neugier auf die Geschichte, hinter der Geschichte, die ihr mit Euren Songs und Texten erzählt. Achtet sie und kämpft für Eure Rechte, sorgt dafür, damit ihr und alle nicht einfach übergangen werdet. Macht das auch dringend publik und seid weiterhin solidarisch mit denen, den es noch dreckiger geht. Wendet Euch an die Behörden, an die Regierung, an Eure Bürgermeister*innen, an Eure Sachbearbeiter*innen beim Finanzamt. Unterschreibt Petitionen. Nehmt an Umfragen teil, wenn ihr schon mal mit Bewandtnis gefragt werdet, was selten genug der Fall ist.

Ein Bild von mir, später
© KF . Ein Bild von mir, später

Für Euer Publikum aber, die Fans, die Leute, die Euch zuhören, weil ihr ihnen auf besondere Art etwas erzählt, was sie so nicht kennen, wissen oder fühlen, oder sich nicht trauen zu kennen, zu wissen und zu fühlen, bleibt lieber frei und versponnen. Ob „zwischen den Zeilen und kitschige Pisse“, oder „klare Kante und voll auf die 12“, bleibt kreativ.

Herzlichst, KF

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