The Movies / Kino

(Original German version below)

The Movies

You ask
How my music could change so much
In such a short time
I changed my life
I went directly from kindergarten to college
Suddenly I noticed what I had inside me
Suddenly I remembered
What was going on with me
When I was five
I was rich
Took taxis
And thought only of art and music
I thought I was the Little Prince
I allowed myself everything
Was never harsh with myself
I had big eyes and the smallest worries
I satisfied all my wishes
As long as I was in bed at eight with my teeth brushed
No one was bothered
That I lived my own life so early
But then I turned six
I can still remember my birthday
I was in a state that was more than strange
I must have suspected
What was coming my way
They put me on a diet
They didn’t listen closely to what I had to say
They didn’t give me anything
Because they had nothing to give
They didn’t believe in anything they couldn’t see
And they had the smallest of eyes and the largest of hands
And so they held on to me for twelve years
At five I was the Little Prince
At eighteen I was melancholic
At twenty-one I was one of the richest women in the world
And yet I almost starved to death
Because I only liked one thing
Money
That was when we met
We wanted to set out right away for the Sahara
We wanted to strip down
And put everything on the table
And be really greedy
Then you said:
“Trees don’t turn into people or goddesses
Why do you believe such things?!”
I started fantasizing
I was the Little Prince again
But my dreams were somehow different
I no longer slept as I used to
And then we no longer slept with each other
And soon you moved to Paris
“What should I tell you,” you wrote
“People don’t turn into pictures or heroines
And that won’t change.”
At twenty-three I then went to New Yor
I lived there for two years totally withdrawn
I tried to ponder
And that was all
Your letter came shortly before my twenty-fifth birthday
This long-winded description of your militant scene
This short-sighted view of my woeful existence
I was happy then
A militant dreamer
And I wasn’t ashamed of being proud of it
I played trombone
I ate only one meal a week, but it was a bouquet of roses
I looked at myself in the mirror
And knew where the journey was headed
From pole to pole
Of a new order
A new mission
A new dimension
People do turn into pictures
It’s called the movies
And the pictures even move
And everyone is personally responsible for the story

© Katharina Franck. Translated by Allison Brown / www.textetage.de

*

Kino

Du fragst
Wie sich meine Musik so sehr hat ändern können
In so kurzer Zeit
Ich habe mein Leben geändert
Ich bin vom Kindergarten direkt in die höhere Schule gewechselt
Plötzlich habe ich gemerkt was in mir steckt
Plötzlich habe ich mich daran erinnert
Was einmal mit mir los war
Als ich fünf Jahre alt war
War ich reich
Fuhr Taxi
Und dachte nur an Kunst und Musik
Ich hielt mich für den kleinen Prinzen
Ich habe mir alles erlaubt
War niemals hart gegen mich
Ich hatte die größten Augen und die kleinsten Sorgen
Ich erfüllte mir jeden Wunsch
Solange ich abends um Acht mit geputzten Zähnen im Bettchen lag
Stieß sich auch niemand daran
Dass ich schon so früh mein eigenes Leben lebte
Aber dann wurde ich Sechs
Ich erinnere mich noch an den Geburtstag
Ich war damals in einer mehr als merkwürdigen Verfassung
Ich muss wohl geahnt haben
Was da auf mich zukommen sollte
Sie setzten mich auf Diät
Sie hörten sich nicht genau an was ich zu sagen hatte
Sie gaben mir nichts
Denn sie hatten nichts zu geben
Sie glaubten auch an nichts das sie nicht sahen
Und hatten sie doch die kleinsten Augen und die größten Hände
Und damit hielten sie mich Zwölf Jahre lang fest
Mit Fünf war ich der kleine Prinz
Mit Achtzehn war ich schwermütig
Mit Einundzwanzig war ich eine der reichsten Frauen der Welt
Und doch wäre ich beinahe verhungert
Weil ich nämlich nur eines mochte
Geld
Damals haben wir uns kennengelernt
Wir wollten dann auch gleich in die Sahara aufbrechen
Wir wollten uns ausziehen
Uns auf den Tisch legen
Und so richtig gierig sein
Dann sagtest du:
„Bäume verwandeln sich nun einmal nicht in Menschen oder Göttinnen
Wieso glaubst du nur solche Sachen!“
Ich fing an zu phantasieren
Ich war wieder der kleine Prinz
Aber meine Träume waren irgendwie anders
Ich schlief nicht mehr so wie früher
Dann schliefen wir nicht mehr miteinander
Und bald darauf bist du nach Paris gezogen
„Was soll ich dir sagen“ schriebst du
„Menschen verwandeln sich nun einmal nicht in Bilder oder Heldinnen
Und daran ändert sich nichts.“
Mit Dreiundzwanzig bin ich dann nach New York gekommen
Hier lebte ich zwei Jahre lang völlig zurückgezogen
Ich versuchte zu überlegen
Und das war es auch schon
Kurz vor meinem Fünfundzwanzigsten Geburtstag kam dein Brief
Diese langatmige Beschreibung deiner militanten Szene
Diese kurzsichtige Betrachtung meines kümmerlichen Daseins
Ich war damals glücklich
Ein militanter Träumer
Und ich schämte mich nicht darauf stolz zu sein
Ich spielte Posaune
Ich aß nur einmal die Woche einen Strauß Rosen
Ich betrachtete mich im Spiegel
Und wußte wohin die Reise gehen würde
Von Pol zu Pol
Einer neuen Ordnung
Einer neuen Aufgabe
Einer anderen Dimension
Menschen verwandeln sich nämlich doch in Bilder
Hier nennt man es Kino
Die Bilder bewegen sich sogar
Und für die Geschichte ist jeder selber verantwortlich

© Katharina Franck (so erschienen auf dem Album HUNGER im Oktober 1997)

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